Für das Osnabrücker Kreativnetzwerk „k-quadrat“ habe ich ein Interview mit Tania Breyer, Leiterin des Regionalbüros Niedersachen und Bremen des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes, geführt.
Im Gespräch zieht die Beraterin für Kreativschaffende eine positive Bilanz, was die Entwicklung in der Kreativwirtschaft im Norden angeht. Doch nicht alle Regionen schafften angemessene Strukturen für Kreative.
„Osnabrück hat eine aktive Kreativszene“
Darüber spricht natürlich niemand offen und ehrlich, denn auch die Kultur- und Kreativwirtschaftler konkurrieren ja um Auftraggeber. Da lässt sich niemand gern in die Karten schauen. In der Einzelberatung oder im kleineren Kreis mit Leuten, die einander vertrauen, geht das schon, aber in größeren Netzwerken ist eine Diskussion über Preise nur nach dem Aufbau gegenseitigen Vertrauens vorstellbar.
Leider gibt es viele Kreative, die ihre Arbeit zu billig anbieten und denen nicht klar ist, dass sie damit für andere den Markt kaputt machen. Da spielt oft auch die unrealistische Einschätzung der eigenen Arbeitsleistung und mangelnde Erfahrung mit Preisverhandlungen eine Rolle. Wer direkt von der Uni kommt, konkurriert in diesem Sektor mit anderen, die schon zwanzig Jahre und länger im Geschäft sind; das muss man vielen erst einmal vor Augen führen.
Es gibt im Kreativbereich ja keine Tarife oder Kartelle, die Orientierung bieten könnten. Das Gute und auch das Schwierige ist, dass Preise am Markt entstehen und immer wieder neu verhandelt werden müssen. Gerade am Anfang über- oder unterschätzen sich deshalb viele. Es braucht einfach Erfahrung, um zu gewissen Standards zu stehen.
Ist die verbindliche Festlegung von Standards in einem Netzwerk wie k-quadrat nur eine Illusion?
Ich denke, diese Zielsetzung überfrachtet das Netzwerk – zumal die genannten Branchen, die darin organisiert sind, ja auch sehr unterschiedliche Verdienstmöglichkeiten bieten. Außerdem sind Verhandlungssituationen ja auch immer neu und individuell. Ein Preis, der vor einem Monat noch angemessen war, kann im nächsten Monat schon wieder zu hoch oder zu niedrig sein.
In Teilbereichen wie etwa im Design gibt es ja Empfehlungen, aber auch diese sind sehr umstritten. Viele halten die dort aufgeführten Preise für weltfremd; andere nutzen Preiskataloge von Verbänden für ihre Preisargumentation gegenüber Auftraggebern.
Welche Projekte und kreativen Unternehmungen seit Beginn Ihrer Beratungstätigkeit würden Sie als herausragend bezeichnen?
Generell macht es Spaß, täglich mit Menschen zusammenzukommen, die ungewöhnliche Ideen haben und sich mit Herzblut einer Sache verschrieben haben. Besonders hervorheben kann ich die Projekte, die in den letzten Jahren in der engeren Auswahl beim Wettbewerb „Kultur- und Kreativpiloten“ dabei waren. Dabei geht es gar nicht um Konkurrenz, sondern vielmehr darum, auch denjenigen, die nicht prämiert werden, Ideen mit auf den Weg zu geben, wie sie ihr Projekt ausbauen und weiterentwickeln können. Die Präsentationen der Teilnehmer vor der Jury gehören definitiv zu den Highlights meiner Arbeit.
Haben Sie den Eindruck – gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftskrise –, dass die Politik die sogenannte „Kreativwirtschaft“ wirklich ernst nimmt als bedeutsame Wirtschaftskraft mit entsprechenden Umsätzen?
Ich glaube, dass die Weiterentwicklung der Kreativwirtschaft als Wirtschaftszweig schon ein wichtiger Schritt war. Es gibt gerade neue Zahlen aus dem Jahr 2010, die belegen, dass mittlerweile eine Million Erwerbstätige in der Kreativwirtschaft tätig sind. 97 Prozent davon sind aber Kleinunternehmer und Freiberufler. Das bedeutet, dass diese Branche sehr kleinteilig ist und dass der Einzelne häufig wahnsinnig wenig verdient. Im Ganzen ist die Wirtschaftsleistung dieses Zweigs durchaus relevant, und unser Job in den regionalen Büros ist es, das an den entscheidenden Stellen klarzumachen.
In Bremen haben Kreative nun gerade durchgesetzt, selbst über die Verteilung öffentlicher Fördergelder entscheiden zu können. Spricht das für ein neues Selbstbewusstsein der Branche oder ist das ein „Leuchtturmprojekt“?
Leider haben sie diese Selbstverwaltung noch nicht so ganz durchgesetzt (lacht). Beides ist richtig. Aus meiner Sicht ist es so, dass, wer die Kreativwirtschaft fördern will, sich anschauen sollte, was in Bremen passiert, denn die Stadt hat in dieser Hinsicht eine Vorreiterrolle. Während sich andere Regionen noch darum bemühen, überhaupt Fördergelder für Kreativprojekte zu bekommen, überlegen die Bremer schon, wie man die vorhandenen Gelder am besten einsetzen könnte, um Strukturen zu schaffen, die es Kreativschaffenden ermöglichen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und dauerhaft zu sichern.
Mit dem KLUB DIALOG und den Ideenlotsen ist Bremen schon wegweisend in der Förderung von Kreativwirtschaft, aber auch andere Regionen haben die Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs erkannt. In Anlehnung an das Coaching-Programm der Bremer Ideenlotsen ist zum Beispiel gerade ein Förderprogramm für die Kreativwirtschaft in der Metropolregion Bremen-Oldenburg gestartet, zu der auch der Landkreis Osnabrück gehört.
Haben Sie Empfehlungen für das k-quadrat-Netzwerk in Osnabrück, wie wir hier die Kreativwirtschaft weiter stärken können?
Es ist schwierig, hier einen allgemein gültigen Rat zu geben. Jedes Netzwerk lebt immer von den darin aktiv agierenden Personen und vom Austausch untereinander. In der Startphase ist es wichtig, herauszufinden, mit wem man zusammen arbeiten kann und möchte und welche Angebote man Interessenten und Unterstützern machen kann. Dafür braucht es viel ehrenamtliches Engagement von Leuten, die an die Sache glauben. Aber gerade die wirtschaftlich Erfolgreichen werden nur dann mitmachen, wenn sie darin einen konkreten Nutzen für sich erkennen können.
In Osnabrück gibt es eine sehr aktive Kreativszene, wie die Gründung von k-quadrat ja auch gerade beweist, aber es gibt leider noch wenig Dialog mit den Entscheidungsträgern in der Stadt. In dieser Hinsicht muss in Osnabrück mehr passieren, denn k-quadrat allein wird nicht ausreichen, um die Kreativwirtschaft in der Region voranzubringen.
Wie sehen Sie die Rolle der sozialen Medien im Hinblick auf die Vernetzung in der Kreativwirtschaft?
Ich denke, die Frage müsste umgekehrt gestellt werden: Wenn ich Kreativschaffende erreichen will und die bewegen sich in diesen Netzwerken, dann muss ich dort präsent sein, um gesehen zu werden. Es gilt zu überprüfen, ob z.B. das Aufgeben einer Zeitungsannonce oder das Verteilen von Flyern dann noch zeitgemäß ist.
Wann sind Sie wieder in Osnabrück anzutreffen?
Mein nächster fester Sprechtag wird am 18.09. in der werk.statt in der Lohstraße sein und fortan immer am dritten Dienstag jeden Monats. Für Vorschläge für Veranstaltungen und Kooperationen bin ich jederzeit ansprechbar. Ich habe ein eigenes Veranstaltungsformat, das „werk.statt.gespräch“, in dem wir bereits einige heiße Eisen behandelt haben. Als Nächstes würde ich gerne mit k-quadrat und dem Mediencafé zusammenarbeiten. Außerdem werde ich am 18.10. bei der innovate! dabei sein. Da freue ich mich schon drauf!
Frau Breyer, herzlichen Dank für das Gespräch.
Wer Interesse an einem kostenlosen Beratungstermin oder einer Kooperationsveranstaltung hat, erreicht Tania Breyer unter breyer@rkw-kreativ.de oder telefonisch unter 0151 – 264 672 86.